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König(spaare) im Interview

Es ist eine liebgewordene Tradition, dass die Schützen-Königspaare den Neusser Medien Rede und Antwort stehen.
Auch die Redaktion von Lust & Leute lädt sich in schöner Regelmäßigkeit bei Königs ein. Was die amtierenden Königspaare kurz vor Ihrem jeweiligen Jahreshöhepunkt, dem Schützenfest, zu sagen haben, können Sie an dieser Stelle noch einmal nachlesen.
Viel Vergnügen.


 

 Das Interview führte

 Notker Becker

 für die Ausgabe 1-2011,

 erschienen im Juli 2011.

2010/2011 Werner IV. und Carmen Kuhnert

Festwiese 2010: Werner Kuhnert wird nach erfolgreichem Königsschuß von seinen Scheibenschützen vom Schießstand auf das Podest getragen. Seine Gattin Carmen geht voran. Foto: N. Küpping


Schützenkonig Werner: ,,Der flotte Alte"

L&L: War der Entschluss, im vergangen Jahr auf den Vogel zu schießen, von langer Hand geplant?
Werner Kuhnert: Nein, die Entscheidung fiel ganz spontan. Nach der Parade am letztjährigen Kirmes-Sonntag saßen wir in sehr lockerer und fröhlicher Runde mit den Scheibenschützen-Kameraden zusammen. Dann ergab ein Wort das andere. Ich wurde wirklich freundlich gedrängt, doch auf den Vogel zu schießen. Ich habe dann spontan meine Frau gefragt, die auf dem Markt beim Mittagessen saß. Die hat ebenso spontan gesagt: ‚Dann mach es doch einfach’. Und dann war der Entscheidung gefallen.

L&L: Sie hatten doch bereits 1993 auf den Vogel geschossen, warum so viel Zeit dazwischen?
Werner Kuhnert: Eigentlich war das Kapitel abgeschlossen. Wir hatten keine konkreten Überlegungen mehr, Königspaar in Neuss zu werden. Aber die Frage der Schützenkameraden kam einfach im richtigen Moment.

L&L: Wie ging es dann weiter, blieb es ein ganz normales Schützenfest?
Carmen Kuhnert: Nein, den Nachmittags-Umzug am Sonntag hat mein Mann ‚geschwänzt’. Wir haben uns dann in eine Ecke zurückgezogen und alles noch einmal in Ruhe durchdacht: Auch abends beim „Ärme Willi“ am Bierstand sind wir nicht lange geblieben.
Werner Kuhnert: Als uns um kurz nach Mitternacht mein Freund und Mitkonkurrent Hans-Jürgen Hall anrief, um mir zu sagen, dass er ebenfalls die Königswürde anstrebt, lagen wir schon im Bett. Den Montag haben wir allerdings ganz normal gefeiert, mit dem Abschluss beim Jägerball im Zelt. Aber auch am Dienstagnachmittag bin ich nicht mitgezogen. Denn wenn die Scheibenschützen nach dem Umzug auf der Wiese sind, hat das Königsschießen ja schon fast begonnen.

L&L: Wie haben Sie den Wettkampf erlebt?
Werner Kuhnert: Es war ein sehr schöner Wettkampf. Hans-Jürgen Hall und ich haben uns nach jedem Schuss umarmt, und ich glaube auch für die Zuschauer war es äußerst spannend.

L&L: Hatten Sie Ratgeber während des Schießens?
Werner Kuhnert: Nein. Ich bin Sportschütze, da hatte ich mir schon meine eigene Taktik zu Recht gelegt, die dann ja auch erfolgreich war.

L&L: Wie ging der Dienstag weiter?
Werner Kuhnert: Der Dienstagabend-Umzug ist schon ein besonderes Ereignis. Da wird ausgelassen gefeiert und man merkt die Freude, dass ein neuer König in der Stadt ist. Ich ‚alter Sack’ habe mich an diesem Abend besonders von den jungen Leuten und liebreizenden Nüsser Röskes gefeiert gefühlt.
Carmen Kuhnert: Das Komitee weiß schon, warum es die neue Schützenkönigin auf den Rathaus-Balkon verfrachtet …

L&L:  Wie haben Sie die Tage bis zur Krönung erlebt?
Carmen Kuhnert: Es war viel stressiger, aber auch viel schöner als beim Erstversuch 1993. Damals hatten wir schon vorsorglich geplant und auch für den Fall der Fälle bereits Vorkehrungen getroffen, was Kleiderauswahl und Gästeliste anbetraf. Jetzt musste alles binnen weniger Stunden organisiert werden. Das war ganz schön anstrengend und aufregend, aber auch wunderschön.

L&L: Hatten Sie Hilfe?
Carmen Kuhnert: Ja, vor allem das Komitee hat uns ins diesen Tagen mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Aber auch Scheibenschützen-Major Zils, Hauptmann Sedelmair und mein Herr Papa haben ganze Arbeit geleistet. Der Krönungszug und die Krönung waren dann einfach überwältigend.

L&L: Ist das Zeremoniell der Krönung nicht zu starr?
Werner Kuhnert: Hier gilt, was das ganze Schützenjahr gilt: Es gibt Regeln und Traditionen, die man einhalten sollte, davon lebt das Fest. Ich habe und ich hatte nicht vor, diese zu sprengen, obwohl ich gerade am Krönungsabend schon gerne an der einen und anderen Stelle das starre Krönungsprotokoll durchbrochen hätte.
Carmen Kuhnert: Als ich das ‚Heil auf meinen König’ ausrufen sollte, habe ich das nicht über meine Lippen bekommen. Ich habe dann ergänzt ‚ausnahmsweise …’. Dies hat zu einem großen Lacher geführt und das Protokoll trotzdem nicht gesprengt.

L&L: Wie haben Sie Ihr Königsjahr erlebt?
Werner Kuhnert: Vielfältig und eindrucksvoll. Wir werden bis zum Schützenfest circa 200 Termine absolviert haben und jeder für sich war bereichernd und wertvoll.
Carmen Kuhnert: Gerade manch ‚kleinen’ Termin haben wir als besonders warmherzig und stimmungsvoll erlebt. Zum Beispiel die Krönung beim 1. Neusser Tambourcorps ist uns da in sehr guter Erinnerung geblieben.

L&L: Mit welchem Gefühl geht man zu den Terminen?
Werner Kuhnert: Ich bin oberster Repräsentant des größten und wichtigsten Festes der Stadt. Da hat man schon eine gewisse Verantwortung. In dieser Position muss man genau darauf achten, was man tut, was man sagt. Man ist nicht Herr Kuhnert, sondern ‚Majestät’. Daraus erwächst eine Verpflichtung gegenüber dem Fest und der Stadt. Aber, was auch sehr schön ist: Man schließt neue Freundschaften, wie zum Beispiel mit dem jungen Reiter-Siegerpaar, die sicherlich auch über das Königsjahr hinweg halten.
Carmen Kuhnert: Das Schützenkönigspaar hat auch eine soziale Verantwortung. Deshalb waren uns solche Termine besonders wichtig. So waren wir am 23. Dezember mit zehn Blechen selbst gebackener Plätzchen im Herz-Jesu-Heim. Wir haben sehr viele alte Schützendamen getroffen, die sich riesig gefreut haben. Anfang Juli waren wir im Lukas-Krankenhaus und haben die 35 ‚Blauen Engel’ mit unserem Königssticker ausgezeichnet. Auch das Immaculata haben wir besucht. Es ist schon ergreifend, wie man als Schützenkönigspaar dort Freude und ein paar schöne Stunden stiften kann.

L&L: An welche Highlights Ihres Königsjahres erinnern Sie sich noch?
Werner Kuhnert: Ein sehr schöner Termin war auch das Treffen der noch lebenden ehemaligen Königspaare. Insgesamt 23 Königspaare sind unserer Einlandung gefolgt, es war ein sehr unterhaltsamer und intensiver Abend. Ich kann nur nachdrücklich anregen, dass mein Nachfolger diese Tradition weiter pflegt.

L&L: Sie leben in Düsseldorf, sind auch hier sowohl im Sommer- wie im Winterbrauchtum engagiert und feiern auch gerne in Karneval in Köln. War das als Neusser Schützenkönig im abgelaufenen Jahr anders?
Werner Kuhnert: Ja, in jedem Fall. Sowohl auf den Karnevalssitzungen in Düsseldorf wie in Köln, die wir besucht haben, wurden wir als Neusser Schützenkönigspaar besonders begrüßt, in Köln musste sogar das Dreigestirn hinter uns anstehen. Und beim Schützenfest in Düsseldorf-Bilk, bei dem ich seit vielen Jahren als Grenadier mitgehe, durfte ich in diesem Jahr als Ehrengast die Parade mit abnehmen, quasi als Generalprobe. Und die Edelknaben haben wir in diesem Jahr zur Kinder-Karnevalssitzung nach Düsseldorf eingeladen. Die hatten mächtig Spaß.

L&L: Wie hat das Zusammenspiel mit dem Komitee geklappt?
Carmen Kuhnert: Sehr gut. Thomas und Ruth Nickel waren sehr um uns bemüht. Aber gerade auch Martin Flecken und Holger Schöpkens haben uns hervorragend gecoacht. Gerade die beiden standen immer zur Verfügung, wenn wir Fragen hatten oder nicht genau wussten, wie wir uns verhalten sollten. Sie haben uns auch Tipps zu den vielen Veranstaltungen, die wir besucht haben, gegeben

L&L: Gibt es ein Motto über Ihrem Schützenjahr?
Werner Kuhnert:  Ja, ‚Der flotte Alte’.
Carmen Kuhnert: ‚Mit viel Freude durch das Jahr’.

L&L: Gibt es besondere Kriterien bei der Ordensvergabe?
Werner Kuhnert: Ein besonderes Augenmerk liegt schon auf den Chargierten. Sie sind in der Regel diejenigen, die einen Schützenzug zusammen halten, die die meiste Arbeit haben, die das Programm maßgeblich gestalten. Sie sind die, die noch mit Vor- oder Nachbereitungen beschäftigt sind, wenn die anderen schon feiern. Das möchte ich schon besonders würdigen.

L&L: Wie hoch wird die Ordenszahl sein?
Werner Kuhnert: Da halte ich mich etwa an den Richtwert meines Vorgängers. Es werden circa 2.400 Orden an die Schützen verliehen werden.

L&L: Schon Angst vor der ‚Zeit danach’?
Werner Kuhnert: Nein. Außerdem wartet, sozusagen als Sahnehäubchen, ja noch die Teilnahme mit der Schützengilde bei der der Steubenparade in New York im September auf mich. Das wird bestimmt ein grandioses Erlebnis.