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Notker Becker

 

Das Interview führte

Notker Becker

für die Ausgabe 1-2005,

erschienen im Juli 2005.

2004/2005 Günter I. und Käthe Coomann

Günter I. und Käthe Coomann

Günter I. und Käthe Coomann

Die Begeisterung der Menschen ist toll

L & L: Herr Coomann, wie sieht wenige Tage vor Kirmes die Bilanz Ihres Schützenkönig-Jahres aus?
Coomann: Die Bilanz ist nur positiv. So ein Jahr habe ich mir nicht vorgestellt. Was auf meine Frau und mich zugekommen ist, war sagenhaft. Egal ob bei den Corps, den Zügen oder auch in Altenheimen oder bei den behinderten Menschen, die Eindrücke waren überwältigend. Besonders die Empfänge bei den Alten und Behinderten gehörten zu den nachhaltigsten Eindrücken des Königsjahres. Wir hatten die Schirmherrschaft bei einer Veranstaltung der Gemeinnützigen Werkstätten auf der Morgensternsheide übernommen. Die Herzlichkeit, Offenheit und ungetrübte Freude der Menschen war überwältigend für uns. Es ist schon bewegend, wenn man weiß, dass man den Menschen dort persönlich und durch das Amt, das man bekleidet, etwas geben kann.

L & L: Wie viele Termine haben sie denn absolviert?
Coomann: So 150 bis 180 Termine übers Jahr, und ich habe leider noch einige absagen müssen.

L & L: Spürt man die Bedeutung, die dieses Amt für die Neusser hat und wie tief das Schützenwesen die Stadt durchdringt?
Coomann: Ja. Wenn man beispielsweise zu Veranstaltungen, oder in ein Lokal kommt und ist nicht in offizieller Funktion da, so wird doch oft applaudiert, einfach weil der Schützenkönig anwesend ist. Da merkt man schon, welchen Stellenwert dieses Amt hat. Wie tief das Schützenwesen verankert ist, das ist mir erst in diesem Jahr so richtig bewusst geworden, obwohl man ja als Corpsführer schon viel erlebt hat und oft eingeladen ist. Aber wie wichtig es doch vielen Menschen, Zügen und Corps ist, dass der Schützenkönig dabei ist, wie begeistert sie sind, wenn sie den Schützenkönig sehen, das ist schon toll. Aber man darf sich selbst dabei nicht so wichtig nehmen, man muss auch wissen: Nach einem Jahr ist es vorbei, und man tritt wieder ins zweite Glied zurück.

L & L: Erwächst aus dieser Bedeutung eine Verpflichtung?
Coomann: Für mich war und ist wichtig, das zurückzugeben, was die Menschen einem entgegenbringen: Herzlichkeit und Freundlichkeit. Die Menschen sollen spüren, dass das, was man tut, von Herzen kommt.

L & L: Gab es für Sie eine Überschrift über Ihrem Königsjahr?
Coomann: Nein. Ich habe das einfach auf mich zukommen lassen. Eigentlich hatte ich ja vor,  nur einmal zu schießen. Daraus sind dann drei Versuche geworden. Aber im Endeffekt habe ich es nicht bereut.

L & L: Was hat Stimmungswechsel hervorgerufen?
Coomann: Ein wenig bin ich in den dritten Versuch schon hinein geschoben worden. Das habe ich aber erst hinterher so richtig realisiert. Offenbar wollte man wohl nach den Turbulenzen des vergangenen Jahres unter anderem Schützen zum Schiessen bewegen, die sich in der Materie auskennen und wohl bei den Neussern ankommen. Und als Hauptmann des Sappeurcorps, der ich 30 Jahre lang war, ist man da vielleicht nicht namentlich, so aber doch von der Figur her bekannt.

L & L: Wie ist das Hineinschieben den passiert?
Cooman: Eher beiläufig. Zunächst war ich beim Oberst eingeladen. Da kam auch das Thema Schützenkönig auf. Ich habe dann gesagt, ich sei nicht mehr so interessiert daran, Schützenkönig zu werden. Ich wusste auch, dass sich mein späterer Mitbewerber schon gemeldet hatte. Außerdem war ich sicher, dass noch weitere Bewerber antreten. Deshalb habe ich eher im Scherz gesagt, wenn ihr keinen oder nur einen habt, könnt ihr Kirmesmontagabend der Presse sagen, ich schieße mit.  Dann ist nie mehr über dieses Thema gesprochen worden. Erst  bei unserem Frühschoppen eine Woche vor Schützenfest, sozusagen im inoffiziellen Teil, kam das Thema noch einmal auf. Auf meine Frage, wer denn die Königsbewerber seien, antwortete Präsident Thomas Nickel, die Liste sei eigentlich geschlossen, man habe zwei Bewerber, Herrn Strauss und mich. Das genüge. Meiner Frau habe ich dann aber erst Kirmesmontag gesagt, dass ich nochmals schieße. Und als diese Ja gesagt hatte, wollte ich es dann auch werden.

L & L: War auch ein wenig Verpflichtung dabei, nach den Vorjahresturbulenzen das Königsamt wieder in ruhigere Bahnen zu bringen, oder war ihnen das egal?
Coomann: Es war mir schon wichtig, dass das Amt wieder in geordnete Bahnen kommt. Das letzte Jahr war eine schwierige Situation. Ich als Mitbewerber fühlte mich besonders betroffen über das, was passiert ist.

L & L: Wie ist Ihre Schützenkarriere verlaufen?
Coomann: Ich war zunächst zwölf Jahre in einem Jägerzug. Der Beginn war gar nicht so einfach. Unsere Lehrer haben es nicht gerne gesehen, dass wir bei den Schützen mitgemacht haben, aber wir haben uns durchgesetzt.

L & L: Dann waren Sie lange Jahre Hauptmann der Sappeure. Das Sappeur-Corps ist schon ein besonderes Corps, oder?
Coomann: Ja, weil wir die Spitze des Regiments bilden. Dann die besondere Uniform, da schauen die Leute drauf, und die Neusser sind auch stolz auf diese Corps. Die vielen Verpflichtungen an den Kirmestagen werden mit Stolz und gerne wahrgenommen. Ich persönlich war als Hauptmann immer furchtbar nervös, denn ich bin eigentlich nicht der Typ, der immer im Mittelpunkt stehen muss. Ob sie es glauben oder nicht glauben, dass war jedes Jahr zu Beginn der Kirmes ein furchtbares Gefühl. Vor allem beim Aufmarsch und der Parade. Später, wenn man dann nach dem Nachmittagsumzug ein paar Glas Bier getrunken hat, dann geht es besser. Das Königsjahr soll jetzt Höhe- und Schlusspunkt meiner Schützenlaufbahn sein. Allerdings weiß ich noch nicht genau, wie ich meinen „Schützenruhestand“ nach Kirmes gestalten werde. Nur am Straßenrand stehen werde ich wohl nicht. Ich lasse das mal auf mich zukommen.

L & L: Was war Ihre Motivation Schützenkönig zu werden?
Coomann: Es war schon mein Wunsch von klein auf, einmal Schützenkönig in Neuss zu sein. Einfach aus „Spaß an de Freud“, aus Verbundenheit zum Schützenwesen und zur Heimat. Ich denke, der Wunsch existiert bei vielen Neussern. Wenn ich mit den Edelknaben spreche, dann habe ich keine Sorge, dass es in der Zukunft genügend Königsbewerber gibt.

L & L: Was für ein Zeugnis stellen Sie dem Neusser Schützenwesen aus?
Coomann: Ein gutes. Der Zusammenhalt der Züge und der Corps, das öffentliche Auftreten, die Hilfe untereinander - Schützenwesen ist mehr als zusammen Marschieren und Bierchen trinken. Wenn man sieht, was die Züge inklusive der Familien unternehmen, ist das schon enorm. Das Schützenwesen ist ein zusätzliches Netz, um das uns andere Städte beneiden.

L & L: Wo gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten?
Coomann: Einige Züge sehen im Schützenfest nur das Feiern. Feiern gehört dazu, aber es ist nicht alles. Schützen sollten auch Vorbild sein. Man muss die Balance wahren. Wenn ich am Hessentor sehe, wie die Discjockeys sich gegenseitig hochjazzen, dann hat das mit Schützenfest wenig zu tun.

L & L: Das Schützenfest hat sich in den letzten Jahren verjüngt. Gerade bei den Corpsführen und Hauptleuten hat sich viel verändert. Sie waren bis letztes Jahr sozusagen der „Elder Statesman“ in dieser Riege. Wie haben Sie die Zusammenarbeit empfunden?
Coomann: Die Zusammenarbeit mit der neuen Generation der Corpsführer war sehr gut. Überhaupt, der Zusammenhalt und die Abstimmung unter den Corps klappt ganz hervorragend.

L & L: Auch mit dem Komitee?
Coomann: In den letzten Jahren mit dem Komitee auch. In den Jahren als Hermann-Wilhelm Thywissen noch Präsident war, war das nicht so. Der hat viele Entscheidung ganz alleine getroffen, und wir Corpsführer mussten einfach folgen.
Heute gibt es zweimal im Jahr Corpsführer-Treffen, kurz drauf treffen sich die Corpsführer mit dem Komitee. Diese Einrichtung ist einst vom damaligen Reiterchef Theo Oldenkott ins Leben gerufen worden. Der sagte, wir Corpsführer sind gestandene Männer und haben mit Menschenführung zu tun. Wir brauchen nicht nur die Befehle des Präsidenten in Empfang zu nehmen, wir wollen auch unsere Meinung äußern, denn wir verkörpern die Schützen. Da hatte er Recht. So ist das Corpsführer-Treffen entstanden und bis heute beibehalten worden. Und die vielen guten dort erarbeiteten Vorschläge, die über den Oberst dem Komitee unterbreitet werden, stoßen dort oft auf Gegenliebe. In der Schützenspitze gibt es ein sehr gutes, Generationen übergreifendes Miteinander.

L & L: Fühlen Sie sich eigentlich als König fremdbestimmt?
Coomann: Nein. Aber es muss ja alles durchgesprochen werden. Es gibt bestimmte Regularien, die eingehalten werden müssen, die lernt man. Aber wir sind nicht zu Terminen gezwungen worden, es gab Empfehlungen, mehr nicht.

L & L: Wer war der Hauptansprechpartner?
Coomann: Schon der Präsident. Aber es bemühen sich alle aus dem Komitee um das Königspaar. Auf Veranstaltungen steht keiner vom Komitee auf und geht vor dem König. Meine Frau und ich kucken dann immer schon mal auf die Uhr, nach dem Motto, sollen wir nicht besser gehen, die wollen bestimmt nach Hause.

L & L: Was wünschen Sie sich für die Kirmestage?
Coomann: „Völl Freud für alle.“