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Notker Becker

 

 Das Interview führte

 Notker Becker

 für die Ausgabe 1-2009,

 erschienen im Juli 2009.

2008/2009 Dr. Hermann-Josef I. und Elisabeth Verführt

Dr. Hermann I und Elisabteh Verführt

Elisabeth und Dr. Hermann-Josef Verführt lauschen der Laudatio von Schützenpräsident Thomas Nickel. Foto: N. Küpping

 

Für ein Jahr Bundespräsident von Neuss

L & L: Herr Dr. Verfürth, seit wann wollten Sie König werden?
Hermann-Josef Verfürth: Für mich stand eigentlich schon seit meinem 21. Lebensjahr fest, dass ich einmal auf den Königsvogel schießen werde.

L & L: Sie waren dann bei der Verfolgung dieses Ziels sehr hartnäckig. Vier Versuche in Holzheim, zwei in Neuss. Wann haben Sie in Neuss zum ersten Mal geschossen?
Hermann-Josef Verfürth: Im Jahr 1997. Lange Zeit hatte sich in diesem Jahr überhaupt niemand  gemeldet. Die Frist wurde verlängert. Dann habe ich mich kurzfristig nach Rücksprache mit meinen Zugkameraden, aber ohne Rücksprache mit meiner Frau …
Elisabeth Verfürth: … Ich war so etwas von sauer…
Hermann-Josef Verfürth: … bereit erklärt, auf den Vogel zu schießen. Das bekam dann der Zug von Hans Rütten mit, in dem auch Heinz-Willi Maassen marschierte. Der hat sich auch noch spontan entschieden und ist es dann geworden.
Elisabeth Verfürth: Gott sei Dank!

L & L: Weil sie immer noch sauer waren?
Elisabeth Verfürth: Ich war ziemlich sauer, aber am Ende habe ich gesagt: ’Ich mache mit.’ Aber im Nachhinein betrachtet war es gut, dass mein Mann kein König geworden ist. Denn die Kinder waren noch zu klein und hätten das alles gar nicht so miterleben können wie in diesem Jahr. Und wir haben auch inzwischen viel mehr Freiraum, um das Königsjahr zu genießen.

L & L: Muss die Entscheidung , auf den Vogel zu schießen, also wohl überlegt sein und sollte nicht spontan sein?
Beide - gleichzeitig:
Elisabeth Verfürth: Ja
Hermann-Josef Verfürth: Nein

L & L: Einer nach dem Anderen….
Hermann-Josef Verfürth: Die Entscheidung kann ruhig spontan fallen. Man muss Spaß haben an dem Amt.  Die Aufgaben, die auf einen zukommen, kann man mit entsprechendem Engagement gut bewältigen, auch wenn man zuvor nicht alles genau durchdacht hat.

Elisabeth Verfürth: In Ruhe zu überlegen ist viel sinnvoller. Man sollte sich schon ein wenig einstellen auf das, was einen erwartet und überlegen, wie man sein Königsjahr gestalten will. Außerdem sollte man das richtige Alter dafür haben, nicht zu jung, aber auch nicht zu alt. Wir haben jetzt genau das richtige Alter dafür und unsere drei Söhne auch.

L & L: Wann haben Sie denn in diesem Jahr beschlossen zu schießen?
Hermann-Josef Verfürth: Jetzt haben wir uns konkret im Mai entschieden. Ich hatte in diesem Jahr einen runden Geburtstag, da passte das. Dann haben wir unseren  Zug, die Promenademischung,  informiert und alles ging seinen Gang.
L & L: Ist es nicht frustrierend, alleine zu schießen?
Hermann-Josef Verfürth: Dass ich alleine geschossen habe, ist nicht mein Problem, sondern das Problem derer, die nicht angetreten sind. Ich wollte als passionierter Jäger den Vogel nur nicht lange oben lassen. Das ist mir gelungen.

L & L: Warum finden sich offenbar immer weniger Königsbewerber?
Hermann-Josef Verfürth: Man darf vor diesem Amt keine Angst machen. Was da nicht alles erzählt wird: das kostet so viel, so viele Termine, keine Freizeit mehr, man wird fremd bestimmt ... Noch heute kommen viele, die sagen: ‚Ihr seid doch sicher froh, wenn es bald vorbei ist.’ Quatsch, wir freuen uns, dass es jetzt richtig losgeht.
Elisabeth Verfürth: Die Termine sind gut zu bewältigen. Man muss sich nur darauf einlassen. Und außerdem haben wir kein Fernsehen, wir haben immer selbst Programm genug: in diesem Jahr halt verstärkt Schützenprogramm.  
L & L: Aber das liebe Geld…
Hermann-Josef Verfürth: Man kann auch da eine Menge variieren. Man entscheidet selbst über die Zahl der Gäste beim Krönungsball, man muss auch keine Denkmäler als Königsgeschenk stiften und beim Königsorden hat man bei Anzahl und Gestaltung Spielräume. Damit wir uns richtig verstehen: Ich will da nichts und niemanden kritisieren sondern nur sagen, man soll sich nicht vor dem Königsamt bange machen lassen.

L & L: Was verpasst man, wenn man kein Königspaar ist?
Elisabeth Verfürth: Das Schützenfest und das Engagement der Schützen in seiner ganzen Breite  kennen und schätzen zu lernen. Es ist schon beeindruckend, was da in den einzelnen Korps, den einzelnen Zügen oder bei einzelnen Schützen so passiert. Das erlebt man ja so nie mit.
Hermann-Josef Verfürth: Dieses Amt bedeutet den Neussern viel. Sie freuen sich, wenn man kommt und sind beleidigt, wenn sie einen nicht mit Majestät anreden dürfen. Man ist wirklich für ein Jahr der ‚Bundespräsident von Neuss’. Wenn man bei der Vorstellung der Gäste einmal vergessen wird, dann weisen die Würdenträger der Stadt die Veranstalter darauf hin, doch bitte zuerst den Schützenkönig zu begrüßen. Das ist ein Stück verrückt, aber auch schön.
Elisabeth Verfürth: Für mich waren auch die Termine im Winterbrauchtum eine ganz tolle Erfahrung, speziell die im heimischen Karneval. Das waren sehr persönliche Begegnungen, da wird mit viel Herzblut und Engagement gearbeitet. Wir Schützen sind gut beraten, nicht mit Hochmut auf die Karnevalisten herabzuschauen - im Gegenteil.

L & L: Frau Verfürth, Sie sind ja ein ‚Immi’. Wie haben Sie sich dem ‚Phänomen Schützenfest“ genähert?
Elisabeth Verfürth: Ich bin ein kölsches Mädchen und wollte immer Tanzmariechen werden. Deshalb feiere ich gerne. Das passt schon mal. Aber als mein Mann zum ersten Mal in Neuss mitmarschierte – wir wohnten in Gohr – sollte ich ihn am Dienstagabend am ,Dom“ abholen. Es hat erst einmal gedauert, bis ich kapiert hatte, dass es sich dabei um eine Gaststätte handelte. Dann kam ich natürlich mit dem Wagen nicht durch. Und als ich dann am ,Dom“ ankam, habe ich gedacht‚ in was für einer Veranstaltung bist du denn hier gelandet – nie mehr. Na ja - und heute bin ich Königin.

L & L: Man erlebt als Königspaar in so einem Jahr eine Menge. Würden Sie etwas ändern wollen?
Hermann-Josef Verfürth: Nur Kleinigkeiten: Ich würde mich für meine Nachfolger freuen, wenn viele Einladungen etwas früher kämen. Bei rechtzeitiger Planung kann man dann bestimmt die eine oder andere Veranstaltung mehr besuchen und hat nicht andere – schützenfestferne – Termine schon angenommen.  Außerdem fällt einem als Außenstehendem manches in den Abläufen und Regularien von Fest und festleitendem Komitee auf, was der Insider vielleicht gar nicht mehr beachtet. Deshalb wäre es schön, wenn der alte König zur abschließenden Manöverkritik des Komitees eingeladen würde.    
Elisabeth Verfürth: Auch nur Weniges: Das Schützenhochamt am Sonntagmorgen ist für mich als gläubige Christin schon etwas Besonderes. Deshalb ist es schade, dass ich dabei nicht neben meinem Mann sitzen darf, sondern Männlein und Weiblein in den ersten Bänken getrennt sitzen.

L & L: Was wünschen Sie den Schützen und sich selbst für die Kirmestage?
Hermann-Josef  Verfürth: Allen Schützen viel Spaß an de Freud. Ich freue mich auf jede Minute, schließlich habe ich in der Vergangenheit auch manches verpasst, weil ich als Arzt an den Kirmestagen oft Dienst hatte.
Elisabeth Verfürth: Na ja, der fällt ja in diesem Jahr aus.
Hermann-Josef Verfürth: Wieso, am Samstagmorgen kann ich doch ein, zwei Stunden in die Praxis gehen.
Elisabeth Verfürth: Von wegen!
L & L: Herzlichen Dank für das Gespräch.