Dunkelrote Bilanz: € 88.000 Minus
Dunkelrote Jahresbilanz 2022 - Verein macht € 88.000 Verlust
(nk/rr). Der Jahresbeitrag für den Neusser Bürger-Schützen-Verein soll von € 50 auf € 100 angehoben werden. Ein Schritt, der im Vorfeld für zahlreiche Diskussionen gesorgt hat.
Schatzmeister Robert Rath (Foto) wirbt um Verständnis: ,,Im Einvernehmen mit den Corpsführern unterstützen wir diesen Antrag.“
Zur Erklärung führt er an, dass die letzte Jahreshauptversammlung des Vereins im November 2021 stattgefunden hat. ,,Damals hatten wir bereits zwei Schützenfeste ausfallen lassen müssen und wir gingen gerade in den zweiten Coronawinter. Da ahnte noch niemand etwas vom Einmarsch der Russen in die Ukraine, die Energieversorgung erschien noch sicher und die EZB bemühte sich mit ihrer Nullzinspolitik, die Inflation auf zwei Prozent zu heben“, blickt Rath zurück.
,,In den Coronajahren 2020 und 2021 hatten wir überhaupt keine Möglichkeit die Beiträge anzupassen, weil wir nie wussten, ob und wie es weitergehen würde.“ Teilweise gab es den Vorschlag auf die Beiträge zu verzichten. Beitragserhöhungen seien damals schlicht unmöglich gewesen. ,,Und wer konnte am 24. Februar 2022 vorhersehen, wie sich der Ukraine-Konflikt entwickeln würde und welche Auswirkungen er auf die gesamtpolitische Lage haben würde?“
Robert Rath und das ganze Komitee haben organisatorisch das Problem, dass ein Großteil der Bestellungen und Ausgaben schon sehr früh im Jahr vertraglich vereinbart werden müssen, bevor feststeht welche Gelder im Sommer eingehen. Das sind beispielsweise die Bestellung der Musik, der Aufbau der Tribünen, die Reservierung von Veranstaltungsorten, Mieten für die Fackelbauhallen, Löhne und Gehälter, Versicherungen usw. ....
So hat sich eine Kommission bestehend aus Komiteemitgliedern und Mitglieder der Corpsvorstände alle Ausgaben im Hinblick auf Sparpotential angesehen und laut Aussage von Robert Rath festgestellt, dass maximal rund € 10.000 eingespart werden könnten - aber dabei werde möglicherweise in die Substanz des Festes eingegriffen. Denn Musik (auch an den Ehrenabenden), Fackeln, Hörner, Kutschen und Tribünen und vieles mehr gehören zum Kern des Festes.
,,An diesem Kostenapparat können wir kaum etwas sparen - aber wir wissen im Vorfeld nie, welche Einnahmen wirklich erzielt werden. Die Schützenlust beispielsweise meldet die Anzahl ihrer Mitglieder am 1. Mai, die Grenadiere aber erst Ende Juli. Und eine Prognose bei den Sponsoring-Einnahmen und Spenden ist in diesen Zeiten seriös kaum möglich“, gewährt der 61jährige Robert Rath Einblick in die Sorgen und Nöte eines Vereins-Schatzmeisters in schwierigen Zeiten.
Rath muß den Mitgliedern am 18. November rote Zahlen präsentieren. War die Bilanz im letzten regulären Schützenjahr 2019 noch mit einem kleinen Jahresüberschuß von € 13.000 abgeschlossen worden, so weist die Bilanz für 2022 einen Verlust von ca. € 88.000 aus. Der Neusser Bürger-Schützen-Verein unterstützt alljährlich die Corps mit erheblichen Zuschüssen. Diese Zuschüsse wurden in 2022 um € 62.000 gekürzt. Ansonsten wäre der Verlust um € 62.000 höher ausgefallen.
Dieser Ergebnisrückgang kommt im Einnahmebereich hauptsächlich zustande durch Rückgänge beim Sponsoring in Höhe von € 95.000, bei den Spenden von € 8.000 und beim Tribünenkartenverkauf von € 7.000. Außerdem hat die Neusser Schützenfest gGmbH im Jahr 2019 eine Ausschüttung von € 17.000 an den Neusser Bürger-Schützen-Verein geleistet, die im Jahr 2022 nicht erfolgt ist. Daneben gibt es auf der Kostenseite Preissteigerungen in allen Bereichen.
Rechnerisch wird der Fehlbetrag (vor Kürzung der Zuschüsse an die Corps) in Höhe von € 150.000 aufgeteilt in rund € 88.000 Verluste, die in den Büchern des NBSV landen und € 62.000, die der Verein weniger an die Corps als Zuschüsse ausgezahlt hat. ,,Das war im Sommer eine sehr kurzfristige Entscheidung, die mir auch leidtut, die wir aber treffen mussten“, sagt Robert Rath.
Ist der Handlungsspielraum auf der Ausgabenseite begrenzt, so wackeln auch die Einnahmen. ,,Wir werden 2023 eine Rezession sehen. Das wird im Bereich Sponsoring ein schwieriges Jahr werden“, prophezeit der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. ,,Wir freuen uns sehr, dass unsere Sponsoren weitermachen möchten und uns auch im Jubiläumsjahr als Sponsoringpartner für ihre Werbebotschaften nutzen wollen, aber wie sich die nächsten Wochen und Monate in der Wirtschaft entwickeln werden und ob alle Vorhaben so umgesetzt werden können, weiß derzeit niemand.“
In den beiden Jahren, in denen kein Schützenfest stattgefunden hat, haben die Schützen dankenswerterweise ihre Beiträge bezahlt. Dies kann man gar nicht oft genug lobend erwähnen. Wie in der letzten Jahreshauptversammlung berichtet, konnten aus diesen Beiträgen z. B. die Mieten für die Fackelbauhallen von jährlich gut € 80.000, die Anschaffung des neuen Schießstandes von gut € 110.000 sowie die Sanierung der Fackelbauhalle an der Blücherstraße mit gut € 80.000 finanziert werden. Daneben wurde die freie Rücklage auf € 192.000 aufgestockt und eine Jubiläumsrücklage von € 25.000 gebildet. Die freie Rücklage von knapp € 192.000 deckt gerade einmal ein Fünftel des alljährlichen Umsatzes ab. Der diesjährige Verlust wird aus dieser freien Rücklage entnommen.
Robert Rath: ,,Ich persönlich wäre sehr dafür, wenn wir auf der Jahreshauptversammlung die Beitragserhöhung beschließen würden. Ich glaube nicht, dass wir - so wie einige Corpsführer es vorschlagen - bis zu einer Sondersitzung Anfang nächsten Jahres neue finanzielle Erkenntnisse gewinnen würden. Über die Wintermonate tut sich in der Kasse nicht viel - und wir sollten uns viel mehr auf unser 200jähriges Jubiläum konzentrieren.“
Das Schützenjahr 2022 in Zahlen
Auf Anfrage von Lust & Leute erklärte Robert Rath detailliert den Jahresabschluß, um die aktuelle Diskussion
mit Fakten zu versorgen - häufig würden Fehlinformationen und reine Spekulationen verbreitet.
Ausgaben 2022:
350.000 € Musikkosten,
(davon Zuschuss an die Corps € 113.000)
72.000 € Zuschüsse an die Corps (Hörner, Fackelbau)
(ohne Hallenmiete)
206.000 € Mieten für die drei Fackelbauhallen (abzüglich 120.000 €
Einnahmen Zuschuss der Stadt Neuss dafür
einschließlich 11.000 € Nebenkosten)
53.000 € Aufbaukosten Festwiese
73.000 € Aufbaukosten Tribünen und Beschallung Markt
34.000 € Mieten Stadthalle, Zeughaus
24.000 € Renovierung Fackelbauhalle
55.000 € Programmheft, Ströer, u. ä.
46.000 € Repräsentationskosten
36.000 € Versicherungen
26.000 € Löhne, Gehälter, Sozialabgaben
28.000 € Externe Dienstleistungen
21.000 € Kutschen, Pferde
19.000 € Drucksachen, Pressearbeit
16.000 € Wachdienste Festwiese
13.000 € Website, Onlinepaket
11.000 € Kränze, Blumen Stadthalle und Zelt
8.000 € Schießpreise u. ä.
7.000 € Rechts- und Beratungskosten
4.000 € Abschreibungen
5.000 € Porto, Telefon, Gebühren
4.000 € Kinderbelustigung
2.000 € Lager- und Transportkosten
15.000 € sonstiges
1.128.000 € Ausgaben insgesamt
Einnahmen 2022
302.000 € Mitgliedsbeiträge Aktive
183.000 € Sponsoring, Zugwegvermarktung, Zeltwirt
131.000 € Erstattung Musikkosten durch Corps
120.000 € Zuschuss Stadt Neuss Fackelbauhallen
4.000 € Mitgliedsbeiträge Passive
24.000 € Eintrittsgelder Festwiese
94.000 € Programmheft
81.000 € Tribünenkarten
86.000 € Spenden
9.000 € Beiträge Korps, Komitee, Corpsführer zu Repräsen-
tationskosten
6.000 € sonstiges
1.040.000 € Einnahmen insgesamt
Ergebnis 2022
1.040.000 € Einnahmen
1.128.000 € Ausgaben
- 88.000 € Verlust
P { margin-bottom: 0.21cm }