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Klaus Patzelt 

 

Das Interview führte

Klaus Patzelt für

,,Lust & Leute"  No die Dag 2007,

erschienen im November 2007.

30 Jahre nach dem Königsschuß

Heinz Peter und Herta Jansen

Schon an der Haustüre duftet es verheißungsvoll nach frisch aufgebrühtem Kaffee. Heinz Peter Jansen und seine Gattin Hertha begrüßen die Redaktion von ,,Lust & Leute“ sehr herzlich und führen  durch das geräumige Entree ihres Hauses ins großzügige Eßzimmer. Dort erwartet ein  liebevoll und stilvoll eingedeckter Kaffeetisch mit einladend lecker aussehender Obsttorte die Gäste.Kurzum, genau das richtige Flair für eine entspannte Gesprächsrunde über Gott und die (Neusser) Welt und, wie könnte es auch anders sein, natürlich über die Tage der Wonne. Denn vor 30 Jahren entschloss sich Heinz Peter Jansen zum Vogelschuß auf der Wiese. Als Schützenkönig der Stadt Neuss 1978/1979, Ehrenmitglied des NBSV, Ehrenmitglied und Ehrenmajor des Neusser Jägerkorps, Mitglied der Neusser Scheibenschützengesellschaft von 1423 und als Schütze mit mehr als 50 Jahren Erfahrung hat er eine Menge zu berichten.

Heinz Peter und Herta Jansen im Königsjahr

L&L: Für aussenstehende “Nicht-Jäger“ erscheint das Neusser Jägerkorps zur Zeit führungslos  Leitfiguren wie Hecke-Papp, Hubert Becker oder HPJ scheinen zu fehlen, Major Gerd Scheulen ist seit längerer Zeit krank. Lediglich 12 Jäger-Züge nahmen an der großen Cours am Krönungsball teil, die  Mitgliederzahlen sinken. Wie beurteilen Sie die Situation des traditionsreichen Neusser Jägerkorps heute?

Heinz Peter Jansen: Wie Sie sich sicherlich vorstellen können schlägt mein Herz nach wie vor für die Jäger. Keine Frage, der Vorstand ist gefordert an der jetzigen Situation etwas zu verändern, aber ohne die Basis geht es nicht. Wünschenswert wären hier mehr Korpsgeist, Sachlichkeit und Differenziertheit in der Sache. Darüber hinaus sind unverzichtbar das Interesse an der Gemeinschaft, die Identifikation mit dem Korps und mit der Sache, ebenso wie die Bereitschaft sich einzubringen und aktiv mitgestalten zu wollen, um lösungsorientiert aus der Krise herauszukommen. Es geht nur im Schulterschluss miteinander.

Ein Aspekt für sinkende Mitgliederzahlen ist sicherlich in der Alterstruktur des Jägerkorps begründet. Wir haben noch viele Züge, deren Mitglieder aus Altersgründen nicht mehr lange als aktiver Zug werden marschieren können. Erfreulich ist, dass wir 2007 erstmals seit Jahren wieder einen neuen Jägerzug aufnehmen konnten.

Ein weiterer Grund könnte auch in der relativ unbequemen, hochgeknöpften Uniform vermutet werden, ebenso wie das zu tragende Blumenhorn und die damit verbundenen nicht gerade geringen Zusatz-Kosten.

Wichtig ist meiner Auffassung nach bereits frühzeitig auf die Jugend zu setzen. Die von mir ins Leben gerufene Falknergruppe ist eine Möglichkeit, Jugendliche frühzeitig ans Korps zu binden. Gleichzeitig gilt es aber auch, in den alten Traditionszügen bereits früh die Jüngeren mit einzubinden.

L&L: Vielfach - insbesondere im Jägerkorps - wird die Frage diskutiert, warum Sie nun bei den Scheibenschützen aktiv sind und man sie nicht mehr aktiv in Reihen des Jägerkorps marschieren sieht?

Heinz Peter Jansen:  Nach meinem Ausscheiden als Jägermajor und Erster Vorsitzender bei den Jägern fiel es mir schwer, mich mit dem Gedanken anzufreunden passiv bleiben zu müssen. Wie man vielleicht nachvollziehen kann, wollte ich weiterhin als Schütze aktiv bleiben.

Von 1949 bis heute bin ich Mitglied im Neusser Jägerkorps. Gleichwohl, bin ich seit 1958 auch Mitglied bei den Neusser Scheibenschützen, aufgrund meines aktiven Engagements bei den Jägern, lange Zeit zunächst als passives Mitglied.

Für den Zug der Scheibenschützen habe ich mich in erster Linie deswegen entschieden, weil es dort die “Kann-Regelung“ gibt, demnach für Ältere ab 70 und gesundheitlich Beeinträchtigte die Teilnahme an den Umzügen freigestellt wird. Primär bedingt durch meine gesundheitliche Situation. L&L:  Vielfach ist zu hören, dass die Zugwege insgesamt zu lang seien, insbesondere für Ältere. Oft  marschieren die Schützen durch menschenleere Strassen?

Heinz Peter Jansen: Das ist richtig, es müsste für alle Schützen ab 70 die sog. Kann-Regelung geben wie bei den Scheibenschützen, was im übrigen meiner Auffassung nach in keiner Weise der Tradition und dem Brauchtum widerspräche. Dies wäre wirklich sehr sinnvoll insbesondere würde dies auch vielen lebensälteren Schützen länger die Möglichkeit zur aktiven Teilnahme in Uniform ermöglichen.

L&L: Beim diesjährigen Krönungsball fiel allgemein auf, dass insbesondere bei der großen Cours die Teilnahme spärlich war. Soweit unsere Recherchen stimmen, machten lediglich 23 Züge des den König stellenden Grenadier-Korps sowie 13 Jägerzüge ohne Fahnenabordnungen dem neuen König ihre Aufwartung. Was ist im Vergleich zu damals, vor rund 30 Jahren, als Sie Schützenkönig waren, anders als heute ?

Heinz Peter Jansen: Damals war die Mitgliederzahl im NBSV erheblich kleiner, und damit indirekt auch etwas familiärer. Wir waren eben weniger Leute und viele kannten einander.

Vielleicht ist auch das Zeremoniell für viele zu langatmig, die Preise und Kosten für den einfachen Schützen einfach zu hoch, was sicherlich den einen oder anderen von der Teilnahme abhält.

L&L: Sollte der Ablauf denn geändert werden ?

Heinz Peter Jansen: Nein. Ich finde den Ablauf hervorragend, sehr feierlich und erlebnisreich, insbesondere aus Sicht des im Mittelpunkt des Abends stehenden Schützenkönigs. Über den Zeitpunkt des Aufmarsches der Korps zur großen Cours könnte man jedoch einmal nachdenken, ob ablauforganisatorische Nachbesserungen möglich sind.

L&L: Frau Jansen wie bewerten Sie die Rolle der Königin damals und heute ?

Herta Jansen: Damals war an Kutsche fahren nicht zu denken - als sehr positiv bewerte ich die heutige Entwicklung. Es ist einfach sehr schön, der Königin ein Medium zu bieten, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. So wie es jetzt ist, sollte es auch bleiben, insbesondere weil auch seitens der Öffentlichkeit der Wunsch dazu besteht.

L&L: Was ist heute von Ihrem Königsjahr, nach nahezu 30 Jahren, für Sie beide hängen geblieben, was sind ihre Empfindungen, Eindrücke und Empfehlungen?

Heinz Peter Jansen: Schützenkönig wird man m. E. nur einmal und nie wieder aufgrund der besonders herausgehobenen Bedeutung. So etwas macht man nur einmal im Leben, weil dies an Einmaligkeit und Einzigartigkeit nicht zu übertreffen ist. Auch heute, 30 Jahre später, ist ein Nachhall deutlich spürbar. Es gibt zahlreiche schöne Erinnerungen und Erlebnisse aus unserem Königsjahr, an die wir uns sehr gerne mit Freude zurückerinnern.

Ein Schützenkönig sollte unbedingt Herz für die Sache haben, eine Frau, die sich uneingeschränkt mit dem Schützenfest identifiziert und natürlich Zeit zur Wahrnehmung der vielfältigen gesellschaftlichen Verpflichtungen und Repräsentation.

Insbesondere die beiden letzten Königspaare Karl-Theo und Herta sowie Mario und Maria waren höchst professionell anmutende Repräsentanten der Stadt Neuss,  auch im Umgang mit den Medien, die mittlerweile auch aus dem überregionalen Bereich zum Teil live von unserem Heimatfest berichten. Letztlich aber entscheidender Faktor ist das Herz für das Brauchtum und die Liebe zu den Menschen dieser Stadt. Insbesondere habe ich großen Respekt vor der Arbeit des Präsidenten und seiner Mitstreiter im Komitee. Hier gilt es einmal Dank zu sagen. Aus meiner Sicht müsste es unser aller Bestreben sein, den Neusser Bürger-Schützenverein nicht nur in seinen Freuden, sondern auch in seinen Belastungen hilfsbereit zu begleiten.

L&L: Symptomatisch ist, dass offenbar viele ehemalige Schützenkönige nun bei den Scheibenschützen ihre neue Heimat gefunden haben wie z.B. Dr. Heinz Günter Hüsch, Heinz-Peter Jansen, Hans Beykirch, Toni Ingmann, Hans Schiefer, Werner Schlüter, Horst Esgen…

Heinz Peter Jansen: Ja das ist so! Gewissermaßen sind die Scheibenschützen das “Betreute Wohnen“ der ehemaligen Majestäten ;-) ...

Man fühlt sich rundum wohl.